Die Frankenwarte auf dem Nikolausberg in Würzburg

Die Frankenwarte auf dem Nikolausberg wurde in den Jahren 1893/94 vom Verschönerungsverein Würzburg, ermöglicht durch zahlreiche Spenden der Würzburger Bürger, errichtet. Bis zum 2.Weltkrieg wurde sie gastronomisch genutzt und mehrfach erweitert. Nach Kriegsende wurde das Gebäude von den Amerikanern beschlagnahmt und war erst ab 1955 wieder der Öffentlichkeit zugänglich. Heute beherbergt sie neben dem Aussichtsturm die Akademie Frankenwarte.

„Wenn man am Fuß der »Frankenwarte« steht und aufschaut, den Blick am schlanken Turmschaft hinaufwandern läßt über die Aussichtskanzel, den runden Dachaufsatz darüber, bis zum spitzen Ende der Wetterfahne, dann glaubt man, daß die Zeit spurlos vorbeigegangen ist an diesem merkwürdigen Bau. Sein Alter sieht man ihm nicht gleich an, man könnte sich leicht verschätzen, ihn für jünger halten, aber auch für älter.“ Mit diesen Worten leitete der damalige 1. Vorsitzende des Verschönerungsvereins Würzburg (VVW) Jörg Lusin 1994 in die 100 jährige, wechselvolle Geschichte der Frankenwarte ein. Besonders mit seiner letzten Aussage mag er recht haben. Deshalb sei hier die Geschichte der Frankenwarte, ihrer Erbauer und Förderer erzählt.

Die Idee von einem Aussichtturm

Die Idee auf dem Nikolausberg, der mit 359,5 m ü. NN die höchste Erhebung im näheren Umkreis von Würzburg ist, einen Aussichtsturm zu errichten, geht auf den Würzburger Universitäts-Buchhändler Veit Josef Stahel zurück. Er war es auch, der am 10. März 1887 auf der damals noch kahlen Hügelkuppe das Grundstück erwarb auf dem sich heute die Frankenwarte erhebt. Somit machte er den ersten Schritt um die Bemühungen der Würzburger zur Verwirklichung eines Aussichtsturmes. Leider war es ihm nicht vergönnt, den weiteren Verlauf des Projekts zu erleben; er starb 1889.

Im Jahre 1890 beschloss der VVW auf seiner Generalversammlung das Projekt zur Errichtung eines Aussichtsturmes voranzutreiben und konnte kurze Zeit später, dank großzügiger Spenden, das Grundstück von den Erben Stahels erwerben. 1891 wurde das Vorhaben auf der nächsten Generalversammlung noch einmal bekräftigt. Das Vorhaben war in der Folgezeit geprägt vom Engagement einzelner Würzburger Bürger. Das Bauunternehmen Buchner spendete 1891 die Preissumme von 2000 Mark, die sie für den 2. Preis des Wettbewerbs zur Errichtung der Ludwigsbrücke erhalten hatte. 1893 veranstaltete der VVW zur Faschingszeit mit dem „närrischen Jahrmarkt“ eine Spendensammlung (8610,47 Mark Netto-Ertrag), bei der ein Großteil der projektierten Baukosten des Turmes zusammenkam.

Die Frankenwarte wird gebaut

Am 19. Mai desselben Jahres reichte der VVW das Baugesuch bei der Stadt ein. Schon am 6. Juni erfolgte die Baugenehmigung. Trotz kurzer Genehmigungsphase begannen die Arbeiten auf dem Nikolausberg, so wie sich die Aktenlage heute darstellt, schon früher. Bereits Ende März wurden Erdarbeiten ausgeführt, noch vor Einreichung des Baugesuchs näherten sich die Grundmauern der Oberfläche und am 2. Juni – vier Tage vor der Baugenehmigung – waren die unteren Bereiche des Turmes schon im Entstehen. Das offizielle Datum des Baubeginns, für das der 24. Mai 1893 überliefert ist, hat somit nur symbolischen Charakter. Dass dieser Umstand keine negativen Auswirkungen hatte, zeugt von dem Willen und dem Wohlwollen aller Würzburger, die dem Projekt entgegengebracht wurde.

Der Entwurf des Turmes geht auf den Architekten Franz Carl Ostberg (1849-1931) zurück, welcher u.a. örtlicher Bauleiter bei den Kirchenbauten des Nürnberger Architekten Joseph Schmitz, namentlich St. Adalbero (1894/99), die Klosterkirche der Ebracher Schwestern (1895/97) und St. Joseph (1900/05), war. Auch die Außenanlagen um die Frankenwarte herum sollten gärtnerisch ansprechend gestaltet werden. Dazu formulierte der Landschaftsgärtner Carl Oschmann die Idee, die Umgebung so umzugestalten, dass das Bild eines zerfallenen Burggrabens entstünde. Tatsächlich fiel aber die Bepflanzung aufgrund Geldmangels viel bescheidener aus.

Die Frankenwarte ist fertig

Die Einweihung am 30. Mai 1894 ging einher mit einem großen Fest mit Festzug, Kapelle und Reden, die die Vollendung des „ersten größeren Unternehmens“ des VVW rühmten. Auch wurde wiederum und ausführlich den Spendern gedankt, die die Verwirklichung des 45 Meter hohen Turmes mit seinen 173 Stufen (Gesamtkosten 14987, 95 Mark) erst möglich machten – und nicht nur den Geldspendern sondern auch den vielen Handwerkern und Würzburger Unternehmen die teils durch Sachspenden, Arbeitskraft und verbilligte Preise die Kosten des Turmbaus in Grenzen halten konnten.

Vom ersten Tage an war die Frankenwarte ein „Besuchermagnet“. Bis zum 9. Juni besuchten ca. 800 Personen den Turm kostenfrei. Ab dem 10. Juni wurde ein Eintrittsgeld von 10 Pfennig erhoben. Im ersten Jahr erklommen 6274 Menschen auf die Frankenwarte.
Im folgenden Jahr konnte auch das eingeschossige Unterkunftshaus mit Lokal eröffnet, sowie weitere Flächen auf dem Nikolausberg durch den VVW erworben werden, die in den folgenden Jahren durch weitere Ankäufe und die Bepflanzung mit Bäumen zu einem Landschaftspark umgestaltet wurden.

Der Turm wird erweitert

Es folgten Um- und Anbauten: 1899 wurde das Unterkunftshaus aufgestockt zwecks Einrichtung einer Turmwart-Wohnung und Erweiterung des Lokals; 1902/03 wurde im Süden eine „Wirtschaftshalle“ errichtet; 1924 schließlich wurden Pläne vorgelegt, die eine zweigeschossige Erweiterung nach Norden hauptsächlich für Gasträume vorsahen.

Diese Maßnahmen sind dem Umstand geschuldet, dass sich die Frankenwarte schnell und langanhaltend zu einem der beliebtesten Ausflugziele um Würzburg herum entwickelte. Damit war klar, dass auch für das leibliche Wohl der Besucher gesorgt werden musste. Von Anfang an war es Aufgabe des Turmwarts, neben dem Einzug der Eintrittsgebühr, auch Erfrischungsgetränke auszuschenken. Bis März 1945 wurde die Gaststätte durchgehend betrieben (davon 33 Jahre von 1901 bis 1934 von Wilhelm Schäfer, der nicht wenig zur Beliebtheit der Frankenwarte beitrug).

Die Frankenwarte im Dritten Reich

Die Zeit des Nationalsozialismus in Würzburg war auch für die Frankenwarte nicht unproblematisch. Noch vor der Auflösung des VVW und dessen „Gleichschaltung“ am 21. Februar 1934 wurde im Januar vom Unterfränkischen Architekten- und Ingenieurverein ein Architektenwettbewerb angedacht. Der Textentwurf der Ausschreibung lautete: „Zweck des Wettbewerbs ist die Gewinnung von Vorschlägen für die Verbesserung der Gestalt der Frankenwarte vom baukünstlerischen u. landschaftlichen Gesichtspunkt aus. Die Anregungen, die aus diesem Wettbewerb zu erwarten sind, sollen die beteiligten Stellen und die Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen, daß es eine kulturelle Pflicht ist, dieses wenig glückliche, aber weithin sichtbare Wahrzeichen einer überholten Baugesinnung umzugestalten.“ Der Wettbewerb kam glücklicherweise nicht zustande.


Am 20. Mai 1935 wurden vom Architekten Spiegel Pläne für eine Erweiterung vorgelegt, die erst nach mehrmaligen Umplanungen genehmigt wurden. Sie sahen vor, dass der Neubau Küche, Nebenräume, Toilette und die Wohnung des Pächters umfassen, der Altbau somit vollständig als Gastraum genutzt werden konnte. Nichtsdestotrotz konnte der Neubau schon im September 1935 eingeweiht werden. Knapp 10 Jahre, bis März 1945, war die Gaststätte noch in Betrieb. Der Aussichtsturm hingegen wurde am 10. Oktober 1944 mit der Begründung beschlagnahmt: „Mit Zustimmung des Reichsverteidigungskommissars Mainfranken wird […] zu Gunsten der Fliegerhorstkommandatur Würzburg – Wetterdienststelle – der Turm der Frankenwarte Würzburg als Ausweichmöglichkeit in Anspruch genommen“.

Die Frankenwarte in der Nachkriegszeit

Die Frankenwarte überstand die Zerstörung Würzburgs am 16. März 1945 ohne wesentlichen Schaden. Dies und ihre Lage waren Gründe für die Einziehung des ganzen Gebäudekomplexes am 25. Mai 1945 durch die US-Armee. Die Gebäude wurden zuerst als Offiziersclub genutzt, anschließend wurde das Anwesen dem Counter Intelligence Corps übergeben. Mit der Nutzung der Frankenwarte durch die US-Armee gehen auch planlose Umbaumaßnahmen im Inneren der Gebäude einher sowie der Verlust aller Einrichtungsgegenstände. Bis 1954 war es dem VVW nicht möglich die Frankenwarte wieder sein Eigen zu nennen. Die nächsten Jahre standen im Zeichen der Renovierung der Immobilie sowie den damit einhergehenden Verhandlungen um die Übernahme der Kosten bzw. von Entschädigungszahlungen seitens der Behörden. Weiter stellte sich die Frage: Wie soll die Frankenwarte künftig genutzt werden? Wie soll die Frankenwarte weiter genutzt werden. Der Aussichtsturm war davon nicht so stark betroffen. Seit Pfingsten 1955 stand er wieder der Allgemeinheit offen.


Aber auch er bot bei einigen Entscheidungsträgern viel Stoff für Träumereien. Im September 1955 wurden Pläne publik, die eine massive Umgestaltung des Turmes zur Folge gehabt hätten. Auf etwa halber Höhe sollte eine Plattform gebaut werden, die ein „Turmcafé“ aufnehmen hätte können. Dies führte zu kontroversen Debatten innerhalb des Vereins aber auch in der Würzburger Bevölkerung. So überraschend die Idee gewesen ist, so schnell verschwand sie dann auch wieder aus den Köpfen der Verantwortlichen.

Schließlich verabschiedete sich der VVW auch von seinem langgehegten Traum wieder eine Gaststätte in der Frankenwarte zu etablieren und schloss im Juli 1957 einen Mietvertag mit dem Bayerischen Landes-Sportverband ab, der die Gebäude als „Herberge, Tagungsstätte und Lehrgangsort“ nutzen wollte. Ende 1967 bat der Landes-Sportverband um Auflösung des Mietverhältnisses und hatte für Anfang des Jahres 1968 schon einen Nachmieter parat: die Gesellschaft für politische Bildung e. V.

Die Frankenwarte aktuell

Aus den folgenden Jahren ist nur wenig Nennenswertes zu berichten. Das Mietverhältnis mit dem Verein für politische Bildung e.V., besser bekannt unter der gebräuchlicheren Bezeichnung Akademie Frankenwarte, verläuft bis heute äußerst harmonisch. Nur der Erhaltungszustand des Turmes bereitete neben den üblichen Renovierungsarbeiten an den, mittlerweile unter Denkmalschutz stehenden, Gebäuden dem VVW Sorgen. Die Aussichtskanzel wurde deshalb im Jahre 1981/82 mit nicht unerheblichen Kosten von Grund auf saniert und am 26. Mai 1982 erneut der Öffentlichkeit übergeben.

Anfang der 1990er Jahre plante die Deutsche Bundespost-Telekom einen knapp 200 Meter hohen „Fernmeldesonderturm“ auf dem Nikolausberg in Betonbauweise. Dieses Objekt, wäre es denn gebaut worden, hätte dem Stadtbild Würzburgs und der Erholungslandschaft auf dem Nikolausberg einen nicht wieder gut zu machenden Schlag versetzt. Deshalb setzte sich der VVW von Beginn an vehement gegen die Planungen ein. Mit einem technischen Gutachten, welches die vollkommen veralteten Theorien für die Notwendigkeit des Projektes auf Seiten der Befürworter benannte wurde das Projekt schließlich zu Grabe getragen. Technikfeindlichkeit kann dem VVW dennoch nicht nachgesagt werden. Schon seit dem Jahre 1969 dient der Turmhelm der Frankenwarte verschiedenen öffentlichen wie privaten Institutionen als Funkstelle. Zweifelsfrei stellen die die Frankenwarte heute flankierenden Funkmasten, die übrigens alle auf Höchberger Gemeindegebiet stehen, keine Bereicherung des Landschaftsbildes dar.

2013 wurde die Frankenwarte im Eingangs- und im Aussichtsbereich renoviert und steht seit Juni 2013 wieder der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Hier sehen Sie das frisch gestrichene Drehkreuz. Erleben Sie für 1€ Eintritt die fantastische Aussicht von unserem Frankenwarten-Turm!


Verwendete und weiterführende Literatur:

Domarus, Max: Hundert Jahre Verschönerungsverein Würzburg 1874-1974. Ein Jahrhundert Wirken für Würzburg. Würzburg 1974.

Lusin, Jörg: 100 Jahre Frankenwarte Würzburg 1894-1994. Ein Rückblick im Spiegel von Zeitdokumenten. Mainfränkische Hefte 93 (1994).